Die Geschichte
unserer "Aalemann-Siedlung"
erzählt von Christel
Nave-Block, Rosemarie Jähnke-Wilhelm und Gisbert Taubert
Bilder zur Verfügung gestellt von vielen Mitgliedern
1921
Die Geschichte unserer Siedlung beginnt 1921
mit dem Bau des Aalemannkanals, um hier Industrie anzusiedeln. Da es sich aber um die Ausläufer des Teufelsmoores handelte, musste erst einmal Sand aufgeschüttet werden.
Zuerst fand eine Torfstecherei hier ihren Standort, die aber nach 1945 der Beton- und Steinfirma „Engel und Leonard“ weichen musste. Ein Sägewerk wurde direkt am Kanal gebaut – die
Uferbefestigungen und Anleger sind noch immer zu erkennen. Das Holz wurde mit der Industriebahn, mit Lkw`s, aber auch mit Flößen gebracht, die tagelang, manchmal wochenlang
unterwegs waren.
1932
Der Sportverein SV Spandau Aalemann e.V. wurde
1932 gegründet; dafür musste das Land zunächst urbar gemacht und in Parzellen aufgeteilt werden. Sofort darauf entstanden die ersten Wochenendhäuser. Wurde anfangs das Wasser noch mittels
Leiterwagen von einer Pumpe am Ende des Aalemannkanals (heute Bushaltestelle Linie 136) geholt, legten die Siedler schnell in Eigenregie Wasser- und Stromleitungen. Aus Torfklos wurden
Spültoiletten. Schon damals wurde viel Sport getrieben. In den 30iger Jahren sah man Männer am Hochreck, Barren, Ringen. Auf der Wiese an der Havel wurde Fußball- und Völkerball gespielt.
Es gab sogar Sportakrobatik – alles geleitet von engagierten Mitgliedern der Siedlung.
1945
Aufgrund der schweren Nachkriegsjahre trat der Sport in den
Hintergrund. Getrieben vom Hunger standen jetzt Obst- und Gemüseanbau sowie Kleintierhaltung im Vordergrund. Zur Gemeinschaft gehörten zu dieser Zeit viele Hühner, Schafe, Ziegen, Enten, und
Gänse; ein Siedler unterhielt sogar eine Nutriazucht. Aus den angrenzenden Wäldern gesellten sich zeitweise Rehe, Füchse und Wildschweine dazu. Pferde, die in den Kriegswirren von Soldaten
hier zurückgelassen wurden, wurden von einem Siedler, der Fleischermeister war, kurzerhand geschlachtet und auf die Siedlergemeinschaft verteilt.
In diesen Nachkriegsjahren vergrößerte sich die Siedlung; weil viel Berliner Wohnraum durch Bomben zerstört war, wurde es behördlich genehmigt, Lauben und Wochenendhäuser als Wohnung zu
nutzen. Eine Baufirma errichtete sogar zwei Musterhäuser auf dem Gelände. So entstanden im Laufe der Zeit 160 Parzellen.
Mit der gegenseitigen Hilfe beim Bau der Häuser, dem Organisieren des Baumaterials und dem Anlegen der Gärten wuchs das Gemeinschaftsgefühl – es wurden wieder Feste gefeiert. Kindertanzgruppen
entstanden, große Kinderfeste fanden statt (natürlich immer mit „Onkel Pelle“), es gab Kostümfeste, Stiftungsfeste, Weihenachtsfeiern, … Die schöne große Wiese an der Havel und das Gartenlokal
„Schönblick“ boten dafür genügend Platz. „Unsere“ Wiese wurde natürlich auch bevölkert von vielen sonnenhungrigen Berlinern, der Badestrand mit Bootssteg und Sprungbrett luden natürlich zum
Schwimmen ein. Hier am Badestrand fand sich zeitweilig sogar Prominenz ein: Hans Albers! (Er war befreundet mit dem Maskenbildner des Schillertheaters, der mit seiner Familie auch hier in
der Siedlung wohnte.)
1960
In den 60iger Jahren begann der Kampf gegen die Ansiedlung von Industrie
auf unserem Vereinsgelände, denn das gesamte Areal war damals als Industriegebiet ausgewiesen und alle Parzellen hatten einen Pachtvertrag mit jährlicher Kündigung. Wir haben uns mit allen
zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgreich dagegen gewehrt.
Dennoch – große Unsicherheiten blieben bestehen; trotzdem wurde mit viel Optimismus der Sport in diesen Jahren wieder aktiviert, so dass wir heute mit Stolz sagen können, dass unsere 8
Sportgruppen gern von unseren Mitgliedern angenommen werden: Angeln(Casting), Bowling, Dart, Gymnastik, Nordic Walking, Radfahren/Wandern, Tischtennis und Yoga).
1980
In den 80iger Jahren schien unsere Siedlung erneut bedroht, denn es gab
den Flächennutzungsplan (FNP: er stellt eine beabsichtigte städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde dar). 1984/85 haben wir aktiv und massiv dagegen demonstriert. Höhepunkt war die
Demonstration vor dem Schöneberger Rathaus. Zusammen mit 50.000 Siedlern und Kleingärtnern haben viele unserer Mitglieder die Interessen unseres Vereins vertreten. Wir waren Mitbegründer der
„Initiative für einen grünen Flächennutzungsplan“, deren Pressesprecher aus unseren Reihen kam. Wir haben Nussbäume gepflanzt, denn sie waren und sind noch heute besonders schützenswert. Unser
Kampf hat sich gelohnt, der FNP wurde geändert und das Vereinsgelände ist seitdem als Wohnbaugebiet Typ 4 mit landschaftlicher Prägung ausgewiesen: ein großer Erfolg!
Einige Siedler wurden gleich aktiv, sammelten Geld bei allen Nachbarn und ein Kinderspielplatz wurde (direkt neben dem Restaurant „Fährhaus“) geplant. Das Bezirksamt begrüßte und genehmigte die
Aktion und tatkräftige Männer aus der Siedlung stellten die Spielgeräte auf.
2005
Wir sind der IG Rust, einer Interessenvertretung der Vereine „Am Rust“
beigetreten.
2007
Das 75jährige Jubiläum wurde 2007 ganz groß mit viel Spandauer Prominenz
gefeiert. Im gleichen Jahr erhielten wir endlich den 10jährigen Pachtvertrag mit Option auf eine 5jährige Verlängerung. Unsere Siedlung ist zu jeder Zeit offen für Wanderer und Spaziergänger. Sie
liegt an einem neu gestalteten Uferweg zwischen dem Forsthaus an der Bürgerablage und dem Fährhaus am Aalemannkanal. Von hier aus fährt Berlins einzige Autofähre nach Tegelort auf die andere
Havelseite.
Zu allen Jahreszeiten trifft man hier Radfahrer, von denen, die ihr Rad voll bepackt haben, weiß man, ihre Fahrt geht Richtung Dänemark, denn unser Uferweg ist Teil des Radfernweges
Berlin-Kopenhagen
2016
Nach längeren Verhandlungen, die wir schon 2013 einleiteten, konnte in Zusammenarbeit mit den anderen
Mitgliedsvereinen der IG Rust ein neuer Mietvertrag für das Vereinsgelände abgeschlossen werden. Dieser Vertrag läuft nun 15 Jahre und verlängert sich dann um jeweils fünf
Jahre.
2020
Verhandlungen über eine Erbpacht beginnen und werden von der Bezirksverordnetenversammlung Spandau positiv verabschiedet.